Mud Bath

Das Schlammbad

Ein Verschlag mit Wellblechwänden
eine blaue Plane darüber gespannt
der Boden braun und nass
in der Ecke stehen drei breite Plastikstühle, bei einem sind die Armlehnen abgebrochen
hochkant gestellte Betonblöcke als weitere Sitzgelegenheiten
leere Reissäcke als Schutz draufgelegt
zwei Duschköpfe in der Mitte und rechts
auf einer Wäscheleine hängen schmutzige Handtücher, oder vielleicht sind sie sauber.
da versammeln wir uns und ziehen uns aus, bis auf die Unterhose, die bleibt an.
Ich werde von Radhika eingeschlammt, die Frau die sonst in der Küche das Gemüse zubereitet: sie greift immer wieder mit beiden Händen in den rostigen Metallbottich der bis oben gefüllt ist mit rotbraunem Schlamm
und schmiert mich von Kopf bis Fuß sorgfältig ein.
kalt.
nichts wird ausgelassen, das Gesicht, die Füße, die Haare.
die anderen Frauen sitzen da
alles Inderinnen
sie kommentieren fleißig auf Mayalalam meine Verwandlung von Hell zu Dunkel und kichern.
sowieso wird alles und jede die ganze Zeit beobachtet und betratscht
ich verstehe nichts
ich friere
setze mich auf den einzigen Stein, der halbwegs von der Sonne beschienen wird
da bin ich zwar noch exponierter, aber das ist mir egal…ich versuche irgendwie die Stunde durchzuhalten
so lange soll der Schlamm drauf bleiben und trocknen und entgiften und schön machen
oder so.
nach und nach entspanne ich mich
und genieße diesen so merkwürdigen Ort und schaue auf die sechs dicken, schlammbeschmierten Frauen, wie sie breitbeinig dasitzen und mich anglotzen und die Skurrilität ist kaum zu übertreffen und ich frage mich, wie ich eigentlich hierhin gekommen bin und
nun zwischen diesen Schlammstatuen sitze, selbst eine Statue bin, einige singen leise ein Gebet.
früher bei unserem Nachbarn da gab es eine Schweinewiese, mit einer Schlammecke.
daran denke ich und auch an den Tod.
als wenn wir in einer nichtexistierenden Zwischenwelt hocken, als Ur-Völker, ein vergessener Traum, schon einige hundert Jahre alt.
Existenz umgestülpt.

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